Presse: Wir sind die Neuen

Alte Hippies treffen auf junge Spießer

VON HANNA STYRIE – Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.11.22

Erftstadt. Anne, Eddi und Johanna sind im Rentenalter und schließen sich aus finanziellen Gründen zu einer Wohngemeinschaft zusammen. Wie in alten Studentenzeiten sitzen sie bis zum Morgengrauen um den Küchentisch herum, philosophieren über Gott und die Welt und konsumieren dabei reichlich Alkohol – sehr zum Missfallen der ehrgeizigen Studierenden Barbara, Katharina und Thorsten in der Wohnung unter ihnen, die für ihre Prüfungen büffeln und ihre Ruhe haben wollen.

Mit der Generationen-Komödie „Wir sind die Neuen“ feierte Szene 93 am Samstag Premiere auf der Kleinen Bühne an der Poststraße. Ein halbes Dutzend spielfreudiger Darsteller sorgte dabei dafür, dass der Zusammenprall zwischen lässigen Alt-Hippies und karrierebewussten Jungen ebenso vergnüglich wie nachdenklich ausfiel.

Das lebenslustige Rentner-Trio hat wenig Lust, sich von den Nachbarn reglementieren zu lassen, die nur das nächste Examen und ihre Karriere im Sinn haben. „Ich lass’ mich doch von übermotivierten Studenten nicht ins Bett schicken“, nimmt sich die ansonsten so sanfte Anne (Clelia Meyer) vor.

Auseinandersetzungen sind da programmiert, die die Regisseurinnen Anne Glasow und Uta Rucks-Habeck mit Nachdruck in Szene setzen. Zu den besonders gelungenen Auftritten gehört die Begegnung zwischen Eddi (Hans-Paul Marten) und Studentin Barbara (Nicole Stöbe) am Glascontainer.

Mit den Nerven fertig

Spitzzüngige Dialoge, bei denen sich besonders Hans-Paul Marten und Maja Kirchner als Katharina profilieren, sorgten immer wieder für Lacher im Publikum. „Waren wir zu laut, zu nett oder zu alt?“, empfängt er sie, als sie Sturm bei ihm klingelt. Doch da offenbart sich, dass die spießigen Jungen restlos überfordert sind mit ihren überhöhten Ansprüchen an sich selbst. Katharina hat beim Lernen keinen Durchblick mehr, Barbara hat Liebeskummer und Thorsten kann vor Rückenschmerzen kaum gehen.

„Die sind im Eimer, total im Arsch, sie trinken und heulen“, nimmt Eddi fassungslos zur Kenntnis. Unversehens werden er und seine WG-Genossinnen zu Mentoren der Nachbarn. Mit viel Einfühlungsvermögen setzen die Darstellerinnen und Darsteller diese Annäherung um.

Clelia Meyer, mit über 80 Jahren die Seniorin im Ensemble, verkörpert im bunten Hippie-Look höchst glaubhaft die Biologin Anne. Maja Kirchner hat als Jura-Studentin kurz vor dem Nervenzusammenbruch einen tollen Auftritt. Für die leisen Töne sorgt Jutta Zilles als Johanna, die sich endlich zu ihrer Homosexualität bekennt. Constantin Wasch macht sich gut als rückenlahmer Thorsten. Stephanie Görtz und Ingrid Lewandowski vervollständigen das Ensemble, das den Zuschauern auch viele nachdenkenswerte Momente vermittelte.

Weitere Aufführungen in der Kleinen Bühne Liblar, Poststraße 4, finden am Samstag, 26. November, 20 Uhr, am Sonntag, 27. November, 18 Uhr, am Samstag, 3. Dezember, 20 Uhr und am Sonntag, 4. Dezember, 18 Uhr, statt. Kartenreservierung unter 02235/922834.

www.szene93.de

Differenzen bleiben nicht aus, wenn lässige Althippies und ehrgeizige, aber restlos überforderte Studierende aufeinandertreffen. (Hanna Styrie)

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