Presse: Erftinale 2024

Jan-Philipp Hellmich, Jan Leser, Yannik Pries und Pavlos Papapostolou in Lospech: Ihr Comedy-Streifen brachte den Erftstädter Jungs bei der Erftinale Siegerglück. Screenshot: Joachim Röhrig

 

Filmemacher gewannen mit „Lospech“

VON JOACHIM RÖHRIG – Kölner Stadt-Anzeiger vom 15. Januar 2024

Erftstadt-Liblar – Sich zwölf Filme am Stück reinzuziehen wäre selbst für Kinofans mit ganz viel Sitzfleisch eine Herausforderung. Bei der Erftinale flimmerten am Samstagabend tatsächlich Filme im Dutzend über die Leinwand, aber trotzdem wurde konditionell niemand überfordert – im Gegenteil: Da die Erftinale ein Kurzfilmfestival ist und keiner der dort präsentierten Streifen länger sein darf als sechs Minuten, erlebten die Gäste einen überaus kurzweiligen und vielschichtigen Kino-Abend auf beachtlichem Niveau.

Wettbewerb im Zweijahrestakt

Bereits zum sechsten Mal hatte die Kulturinitiative Szene 93 ambitionierte Filmschaffende aus der ganzen Region dazu aufgerufen, Beiträge für den im Zweijahrestakt stattfindenden Wettbewerb zu liefern. „Es dauert immer ein Weilchen, bis genügend Filme beisammen sind. Doch das Warten hat sich auch diesmal gelohnt. Sie dürfen sich auf einen Abend mit Filmen freuen, die unser diesjähriges Rahmenthema Wandlung/Verwandlung auf ganz unterschiedliche, oftmals verblüffende Weise, aber immer spannend und kreativ aufgreifen“, versprach Szene 93-Aktivist Philipp Wasmund den rund 130 gespannten Gästen im großen Saal des Anneliese-Geske-Kulturhauses.

Wasmund versprach nicht zu viel. Schon der erste Beitrag „Gerald“ war ein Hingucker, In dem mit Playmobil- und Tonie-Figuren arbeitenden Animationsfilm macht sich der Titelheld in einer von Umweltzerstörung und Klimawandel verwandelten Welt auf die Suche nach den letzten Regionen, in denen noch leben möglich ist – allerdings ohne wirklich fündig zu werden. Groß war das Erstaunen im Publikums, als sich der Macher Tim Wörner am Ende bei der Siegerehrung als gerade erst ins Teenageralter gekommener Junge entpuppte.

Mit vergleichbarer Stop-Motion-Tricktechnik hat Anne Glasow ihren „Traum vom Frieden“ anrührend in Szene gesetzt. Auf klassische Zeichentrick-Animation und reichlich schwarzen Humor setzen Marc Urwer, Jahangir Dermani, Matthias Klein in „Der Tod kennt keine Deadline“ und holten sich damit in der finalen Publikumsabstimmung Platz drei. Im Kurzspielfilm „The Impulse“ von Gabiele und Marco Dittmar verwandelt sich ein träger Couch-Potato wie von Zauberhand in einen Vorzeige-Angestellten.

Um sich ändernden Musikgeschmack im Wandel der Zeiten geht in Mara Barts „Hitster Produktion“. Eine heruntergekommene Schule hat sich ein freches junges Frauenteam um Regisseurin Anna Maria Altvater in „Lost Place“ als Schauplatz für eine Zombie-Persiflage ausgewählt. Madita Friedrichs und Wunna Schultz-Wild greifen in ihrer „Verwandlung“ in bildgewaltiger Schwarz-Weiß-Sprache Motive aus Franz Kafkas „Verwandlung“ auf, während Günter Wagner den Untergang des Braunkohlendorf Immerath eindrucksvoll dokumentiert hat. Mit experimentell-avantgardistischen Beiträgen von eigener Ästhetik versetzten Kuesti Fraun („Moving Border“) sowie Norbert und Claudia Mallik („Anders: Damals – Heute – Schnippsel“) das Publikum in Erstaunen. Das mehrfache Erftinale-Siegerteam Marhaba, dessen Lieblingsthema die Förderung eines guten interkulturellen Miteinanders ist, musste sich für „Neue Erftstädter“ diesmal mit Platz zwei begnügen.

Über den von der Kreissparkasse spendierten Siegerscheck über 600 Euro durften sich die ebenfalls schon mehrfach preisgekrönten Jan-Philipp Hellmich, Jan Leser, Yannik Pries, Pavlos Papapostolou und Thomas Schubert freuen. Die Mittzwanziger, die schon seit der Lechenicher Schulzeit gemeinsam Filme machen, trumpften in „Lospech“ mit einem urkomischen Comedy-Slapstick über ein verschwundenes 10 000-Euro-Rubbellos groß auf.

Auch Animationsfilme – hier eine Szene aus „Der Tod kennt keine Deadline“ standen bei der Erftinale hoch im Kurs. Screenshot: Joachim Röhrig

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