Frau Lechenich hat die Nase voll
Eine heitere Revue mit aktuellen Spitzen zum Thema Heimat
Von Ulla Jürgensonn. Kölner Stadt-Anzeiger vom 19. Dezember 2019
Erftstadt-Liblar. Es war wie im richtigen Leben, nur dass es nicht hieß: „Du kriegst den Fernseher, ich das Auto“, sondern „Du kriegst Bliesheim, ich will Gymnich“. Frau Lechenich und Herr Liblar lieferten sich einen klassischen Scheidungskrieg. Nach 50 Jahren wollen sie die Trennung. Immerhin, um einen Punkt gab es keinen Streit: Jeder durfte seine Stadtbücherei behalten. Der bitterböse Sketch, den Philipp Wasmund geschrieben hatte, war Zugabe und für viele Besucher auch Höhepunkt der Heimatrevue, zu der der Förderverein der Stadtbücherei Erftstadt ins Geske-Kulturhaus geladen hatte. Die Entscheidung der Mehrheit im Stadtrat gegen eine neue Zentralbibliothek verlieh dem heiten Abend einen bitteren Beigeschmack.
Seit 30 Jahren organisiert der Verein Revuen mit dem Journalisten und Schriftsteller Ulrich Harbecke. In diesem Jahr machten auch das Künstlerforum Schau-Fenster und Szene 93 mit, der Verein für Jugendkultur. Das Künstlerforum setzte schon im Foyer des Geske-Hauses den ersten Nadelstich zur Zentralbücherei. Musste man beim Bild von Klaus Schramm noch genauer hinschauen, um den Bezug zu entdecken, blieb fast jeder bei der Installation von Günter Warmbier stehen. Der Vorsitzende des Schau-Fensters hatte Klassiker der Literatur scheinbar achtlos aufgehäuft am Fuße eines Schildes, auf dem er fragte: „Quo Vadis, Kultur?“
Auf der Bühne ging es aber doch überwiegend vergnüglich zu, auch wenn das Thema Heimat ja durchaus nachdenkliche Aspekte hat. Die Akteure wilderten unbekümmert unter deutschen Klassikern von Eichendorff bis Goethe, die A-Capella-Gruppe 8 Karat, in der Harbeckes Sohn Daniel singt, interpretierte Besinn-Volkstümliches mit Hintersinn ebenso wie „Meine Deutschlehrerin“ von den Wise Guys. Szene 93 steuerte ein ebenso lustiges wie berührendes Video bei, in dem junge Geflüchtete die traditionellen Gewänder im Schnelldurchgang vorführten.