Filme, die unter die Haut gehen
ERFTINALE Verein Szene 93 vergab Preise des Festivals – Zuschauer gaben ihr Votum ab
Von Kathrin Höhne – Kölner Stadt Anzeiger vom 9. Dezember 2014
Erftstadt. Eine Kamera zeigt eine junge angespannte Frau in einem Arztzimmer. Sie ist schwanger und steht vor der Frage, ob sie ihr Kind behalten soll oder nicht. Eine männliche Gestalt taucht auf und fordert sie in dramatischer Weise auf, über das ungeborene Leben nachzudenken. Es ist ein Kurzfilm, der unter die Haut geht. Das Drehbuch zu „Bauchgefühl“ schrieb der 25-jährige Julian Börger.
Die Kamera lag in den Händen des 17-jährigen Jonathan Demuth, der für diese Produktion auch ein Casting mit 20 Bewerbern auf die Beine stellte. In die Hauptrollen schlüpften Luisa Börger sowie Mico Ivanovic. Alle vier freuten sich riesig, als ihre Produktion auf der zweiten Erftinale zum Favoriten gekürt wurde. Das Kurzfilmfestival, das vom Verein Szene 93 vor zwei Jahren mit einem zweijährigen Rhythmus zum ersten Mal ausgerufen wurde, erlebte am Sonntagabend im Anneliese-Geske Musik- und Kulturhaus eine erneute Auflage.
Zwölf Beiträgen, Spiel-, Dokumentations- sowie Animationsfilme rangen um die Gunst des Publikums. Denn die Zuschauer küren nach der Vorstellung ihre Lieblingsfilme. Da es vor zwei Jahren zum Auftakt des Festivals im Köttinger Jugendclub mit den Plätzen eng wurde, freuten sich die Organisatoren, diesmal im Kulturhaus zu sein. „Der Konzertsaal und die große Leinwand geben dem Wettbewerb einen würdigen Rahmen“, sagte Philipp Wasmund. „Das Festival richtet sich weder explizit an Profis, noch an Amateure. Jederkann mitmachen. Es soll die Kreativen anregen, was gemeinsam auf die Beine zustellen“, erklärte er. Die Szene 93 verstehe sich hier als ein generationsübergreifendes Forum. Zur Konzeption gehört, dass die Filme nicht länger als acht Minuten sein dürfen und immer unter einem bestimmten Thema stehen. Diesmal lautete die Überschrift „Begegnung.“ Liebe und Leidenschaften Dieses Motto wurde in vielfältiger Weise umgesetzt. So handelten die Inhalte von der Suche nach sich selbst, von der Liebe im Internet, von den Leidenschaften der Erftstädter oder davon, wie in unterhaltsamer Weise drei Außerirdische auf Erftstadt blicken. Den zweiten Platz teilten sich zwei Produktionen. In ihrer Dokumentation über „Frau und Herr Kotthäus“ lässt Susanne Gutzeit Weise ein langjährig verheiratetes Ehepaar in humorvollen Dialogen über ihre Liebe erzählen und blickt gleichzeitig mit alten Fotos auf die Geschichte der Stadt. „Mich hat die Authentizität des Paares sehr überzeugt“, so die Macherin. Das Publikum auch. Nicht minder beeindruckte der Beitrag des 13-jährigen Paul Neumann, der mit Hilfe seines Vaters der Schlacht im Hürtgenwald in der Eifel nachging. Hier starben im zweiten Weltkrieg 68 000 deutsche und amerikanische Soldaten. Mit Mikrofon und entwaffnender Neugier befragt der Junge Zeitzeugen.
Den dritten Platz belegten Simon Brauckhoff und Jonathan May mit ihrer Produktion „Unüberlegt“, in dem ein Sprung ins Schwimmbecken ungeahnte Folgen hat. Alle Preisträger wurden mit Geldprämien von der Kreissparkasse Köln bedacht. „Aber Gewinner sind alle“, freute sich ein Besucher und resümierte: „Das Festival macht einfach Spaß.“