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Presse

Presse: Portrait Szene 93

By 19. Juli 2012Juli 23rd, 2018No Comments

Presse: Portrait Szene 93

Wie es uns gefällt

Online-Magazin Laetitia Vitae

Ob vor 20 Jahren als sich in Erftstadt „Szene 93“ als Verein zur Förderung kultureller Jugendarbeit gründete, schon jemand daran gedacht haben dürfte, dass dieses Projekt es schaffen wird, tatsächlich sein 20jähriges Jubiläum zu feiern? Wohl kaum, immerhin gehen die damals 17 und 18jährigen jetzt gut auf die 40 zu, haben sich Lebensumstände und Interessen in den Jahren verändert.

Aber weit gefehlt: Szene 93 hat sich zu einer festen Größe in Erftstadt entwickelt: Hier wird nicht nur Theater gespielt, hier wird Musik gemacht, treffen sich Menschen aller Altersklassen, um gemeinsam zu schreiben, als bildende Künstler tätig zu werden und Kunstausstellungen zu organisieren, in denen sie ihr Schaffen präsentieren und sogar schon ein Hörbuch ist produziert worden. Fast könnte man sagen: Wer in diesem Angebot nichts findet, ist es selber schuld.

Aber was genau macht nun den Reiz aus, dass sich dieses Projekt nicht irgendwann überlebt hat oder quasi an Interesselosigkeit und Mitgliederschwund langsam gestorben ist? Wir wollten einmal ein wenig hinter die Kulissen schauen und haben uns mit Philipp Wasmund und Ulrich Gilleßen, die sich beide nicht nur als Schauspieler und Regisseure in der „Kleinen Bühne“ engagieren, sondern auch im Vorstand von Szene 93 tätig sind, unterhalten.

Alles nur Zufall?

Auch wenn die beiden, was ihre berufliche Laufbahn angeht, nicht unterschiedlicher sein können, Wasmund, der nach Abschluss seines Studiums als Autor und Journalist tätig, während Gilleßen Physik studiert, ist beiden gemeinsam, dass sie quasi durch Zufall zur „Szene“ gestoßen sind. Ebenso wie Philipp Wasmund, der vor etlichen Jahren eigentlich nur ein paar Kumpels von abholen wollte, ging es auch Ulrich Gilleßen:„Schulfreunde hatten sich schon eine Zeitlang bei Szene 93 engagiert und haben mich eingeladen, doch mal vorbeizuschauen“, erzählt er, „irgendwie hat’s „klick“ gemacht und jetzt spiele ich schon in meinem dritten Stück mit.“ Wir wundern uns ein wenig, denn irgendwie scheint uns ein Studium der Naturwissenschaften, das sich doch eher an Fakten als an Fantasie orientiert und sein kreatives Engagement nicht wirklich zusammenzupassen. Aber Gilleßen winkt ab: „Doch“, meint er, „im Gegenteil. Stellen Sie sich das wie zwei Seiten einer Medaille vor. Natürlich studiere ich aus Interesse Physik, aber es gibt eben noch viel mehr im Leben, was mich interessiert und mir Spaß macht.“

Ein Verein – unzählige Möglichkeiten

Wir lassen seinen Einwurf zunächst eine Weile auf uns wirken – augenscheinlich sind wir schon ein Stück in der „Szene“ angekommen – eins jedenfalls haben wir sehr schnell gelernt, hier guckt keiner doof, wenn man nicht gleich weiterredet, sondern sich eine Denkpause gönnt. Und ja, im Grunde hat er ja Recht. Ist denn für uns das Leben eine mehr oder minder zweidimensionale Geschichte, wo es nur „go“ oder „no go“ gibt? Nur, wenn man genügend Möglichkeiten hat, einmal auszuprobieren, was alles in einem steckt, kann man das Beste aus sich herausholen. Wahrscheinlich ist das einer der Punkte, warum sich die Erftstädter Kulturszene schon so lange hält: Die Möglichkeit, sich selbst einmal auszuprobieren, auszutesten was zum einem passt.

Philipp Wasmund, der zusammen mit Ulrich Gilleßen auch im Vorstand des Kulturvereins vertreten ist, drückt es folgendermaßen aus: „Wir verstehen uns hier ja nicht als Talentschmiede. Wer sich hier betätigen möchte, muss kein begnadeter Schauspieler, hochtalentierter Musiker oder Schriftsteller sein. Wer will, kann erst mal klein anfangen, vielleicht mit einer Nebenrolle und dann sieht man ja wie sich etwas entwickelt. Manch‘ einer, will vielleicht auch gar nicht auf der Bühne stehen, sondern eher dahinter. Schließlich braucht es mehr als nur Schauspieler, um ein Stück tatsächlich auf die Bühne zu bringen.“

Ohne Zwang, aber mit Disziplin

„Eine Art Olympiade also“, überlege ich laut, „wo dabei sein alles ist?“ Die beiden lachen laut auf bevor sie wieder ernst werden. „Nicht ganz“, meint Gilleßen, aber überlegen Sie mal so: „Wer bei Olympia teilnehmen will, der braucht schon Disziplin. Und das ist hier eigentlich genauso. Wer sich verpflichtet in einem Theaterstück zum Beispiel eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen, der muss sie dann auch ausfüllen. Zu Beginn einer neuen Produktion geht es ja immer recht entspannt zu, aber Richtung Premiere müssen wir schon ziemlich oft proben. Da müssen alle dabei sein, damit es am Ende erfolgreich funktionieren kann.“ „Und das geht, obwohl sich alle hier nebenberuflich und in ihrer Freizeit engagieren?“ will ich wissen. „Bisher ja“, stimmt Wasmund seinem Vorstandskollegen zu und fügt an: „Mag sein, dass es daran liegt, dass wir uns im Vorfeld gemeinsam auf ein neues Stück einigen. So sind in letzter Konsequenz alle mit im Boot.“

Wie es uns gefällt

Ganz gleich, ob es sich um die Reihe „Musik plus X“, eine Ausstellung oder eben die Produktion eines neuen Theaterstücks geht: Für die Mitglieder des Erftstädter Kunstvereins müssen nicht marktorientiert agieren. „Zunächst stellt ein Regisseur seine Idee für ein neues Projekt vor“, erläutert Wasmund, „das kann entweder etwas Bekanntes sein, ein Stück, das eines unserer Mitglieder geschrieben hat oder sogar eine Gemeinschaftsproduktion wie zum Beispiel „Wo ist da Musik“, das wir im Frühjahr 2012 aufgeführt haben. Aber ganz egal, es ist seine Begeisterung für ein Thema, das den Anfang markiert. “ Nach einer ersten Lesung sind die Mitglieder des Ensembles dann frei sich für eine bestimmte Rolle oder für andere Arbeiten wie Beleuchtung, das Bühnenbild oder die Technik verantwortlich zu erklären. „Da die Inszenierungen aus unserer Szenekasse bezahlt werden, können wir quasi jedes Projekt realisieren, ohne Angst vor einem finanziellen Reinfall haben zu müssen“, ergänzt sein Vorstandskollege, Ulrich Gilleßen. So gesehen, wäre es auch nicht tragisch, wenn der Saal einmal leer bliebe, aber diese Sorge müssen die Jungs und Mädels aus der Poststraße gewiss nicht haben.

Kunst zum Selbermachen und Kunst zum Genießen

Natürlich versteht sich Szene 93 zunächst einmal als ein Verein zur Förderung der Jugendkultur und lädt alle, unabhängig vom Alter, dazu ein vorbeizukommen und mitzumachen. Muss aber nicht sein. Auch diejenigen, die bisher noch nicht ihre verborgenen Talente entdeckt haben oder sich trauen, diese einmal auszuprobieren und auszuleben, findet auf der „Kleinen Bühne“ in der Poststraße jede Menge Möglichkeiten auf kurzem Weg und für kleines Welt mit Kreativität, Kunst und Kultur in Berührung zu kommen. „Wir sehen es so“, erklären uns die beiden Vorstandsmitglieder: „dass Geld keine Hürde darstellen sollte. Deshalb sind wir immer bemüht, unsere Eintrittspreise möglichst gering zu halten.“ Zur Zeit liegen diese zum Beispiel für eine Theaterkarte bei rund 8,- Euro, also gut 2 bis 3 Euro unter dem im Rhein-Erft-Kreis üblichen Durchschnitt. „Wenn pro Veranstaltung nur zwei oder drei Leute im Saal sitzen, die sich ein höheres Eintrittsgeld nicht hätten leisten können, dann ist das für uns schon Ansporn genug, so zu kalkulieren, dass wir damit irgendwie noch arbeiten können“, lächelt Wasmund.

Und ansonsten? Unabhängig vom Eintrittspreis? Genauso bunt, vielfältig und facettenreich wie das Leben präsentieren sich die verschiedenen Angebote, egal ob für diejenigen, die sich kreativ betätigen wollen wie auch für die, die einfach nur genießen wollen. Wer sich nicht für’s Theater begeistern kann oder will, dem kommt vielleicht eine Lesung gelegen oder ein Filmabend oder die nächste Kunstausstellung oder, oder, oder …

Wie lange noch?

Wie gesagt: 20 Jahre hat die Erftstädter Szene nun schon „auf dem Buckel“. Und augenscheinlich sind in den Jahren auch immer wieder kreative Köpfe nachgewachsen. Das zur Zeit jüngste Szene-Mitglied ist gerade mal 14 Jahre alt und wird bei der nächsten Theaterproduktion, nämlich dem „Unheimlichen Mönch“, der am 9. November seine Bühnenpremiere in der Poststraße erleben wird, auf der Bühne mitwirken. Da darf man doch getrost annehmen, dass wir, sollte es uns bis dahin noch geben, auch in zehn oder zwanzig Jahren zum nächsten Runden gratulieren darf. Wir jedenfalls täten uns das wünschen.

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