Liblarer Kulturverein zeigt „Gut gegen Nordwind“ – Rebecca Bach und Philipp Wasmund stark in den Hauptrollen
Szene 93 bringt Glattauer auf die Bühne
VON JOACHIM RÖHRIG – Kölner Stadt-Anzeiger vom 1.9.2025
Erftstadt-Liblar – Ursprünglich hatte das Theaterensemble des Kulturvereins Szene 93 nur eine kleine Lesung geplant, um dem Stammpublikum die Wartezeit bis zu den acht Shakespeare-Vorstellungen von „Der Widerspenstigen Zähmung“ im November ein wenig zu verkürzen. Herausgekommen ist dann doch eine mit viel Aufwand und Kreativität umgesetzte Bühnenfassung von Daniel Glattauers modernem Briefroman „Gut gegen Nordwind“, die die Premierengäste in der ausverkauften Kleinen Bühne in Liblar am Freitag zwei Stunden fesselte.
In seinem für Film und Bühne bearbeiteten Roman von 2006 erzählt der österreichische Erfolgsautor Glattauer die skurrile Liebesgeschichte von Leo Leitke und Emmi Rothner. Eine fehlgeleitete E-Mail bringt den unter einer gescheiterten Beziehung leidenden Computerfachmann und die mehr oder weniger glücklich verheiratete junge Mutter zufällig in der digitalen Welt zusammen. Zwischen den beiden Menschen entwickelt sich ein reger Maildialog. Über Wochen und Monate hinweg schreiben sich Leo und Emmi immer persönlicher und intimer werdende Nachrichten, ohne sich jemals real zu begegnen. Der Austausch zweier Sprachnachrichten bleibt der Gipfel des persönlichen Kontakts. Ein nach langem Zögern dann doch vereinbartes Treffen lassen die am Ende hoffnungslos ineinander Verliebten im letzten Moment unabhängig voneinander platzen: Sie haben einsehen müssen, dass ihre virtuelle Beziehung im wahren Leben zum Scheitern verurteilt wäre.
Das mit hintergründigem Humor und vielen Denkanstößen gefüllte Stück hat nur zwei Rollen. Doch die erfahrenen Szene-93-Mimen Rebecca Bach als Emmi und Philipp Wasmund als Leo laufen zu großer schauspielerischer Form auf: Das Publikum lebt und leidet von Anfang bis Ende mit.
Aus Lesung wird Theaterstück
„Am Anfang haben wir uns drei Wochen lang nur mit Glattauers Text über reale und virtuelle menschliche Beziehungen auseinandergesetzt“, erklärt Philipp Wasmund. Im Laufe der Proben seien immer neue Umsetzungsideen entstanden, so dass aus der zunächst angedachten szenischen Lesung letztlich ein Theaterstück geworden ist.
Mitspielerin Rebecca Bach konnte sich zunehmend für das Stück begeistern: „Obwohl sich die beiden Hauptfiguren nur E-Mails schreiben, hat man das Gefühl, mittendrin in ihren Gesprächen zu sein.“
Pfiffig gestaltet war auch das Bühnenbild, wobei es sich als gar nicht so leicht herausstellte, die beiden Arbeits- und Wohnzimmer, in denen Leo und Emmi miteinander kommunizieren, in den beengten Platzverhältnissen unterzubringen. Für zusätzliche Würze sorgten gekonnt eingesetzte Licht-, Musik- und Video-Elemente.
Auf der Kleinen Bühne, Poststraße 4, stehen noch vier Vorstellungen von „Gut gegen Nordwind“ auf dem Programm. Einige Restkarten gibt es noch online für Sonntag, 7. September, 18 Uhr sowie für Freitag, 12., und Samstag, 13. September jeweils 20 Uhr. www.szene93.de
Dialog über das Datennetz: Philipp Wasmund und Rebecca Bach in der Theateradaption von „Gut gegen Nordwind“.