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Presse: Podiumsdiskussion 2025 im Studio 93

Bundestagskandidaten im Studio93

Von Michael Henke – Kölner stadt-Anzeiger vom 27.2.25

“Es ist Aufgabe der Wähler ihre Kandidaten zu kennen und nicht Aufgabe der Kandidaten sich erst vorzustellen.” So radikal forderte die österreichische Politrock-Gruppe Schmetterlinge 1976 in ihrer Proletenpassion einen mündigen Wähler.

Eine gute Gelegenheit, die Direktkandidaten des Wahlkreises Rhein-Erft-Kreis II (Erftstadt, Wesseling, Brühl, Kreis Euskirchen) kennenzulernen, bot die Podiumsdiskussion im Studio93 in Köttingen, die gleichzeitig live gestreamt wurde und weiterhin auf der Homepage aufzurufen ist. In dieser konnte man einen Eindruck von den Kandidaten gewinnen, der über das Parteiprogrammatische hinausgeht.

Sind es zum Beispiel nur Worthülsen, die jemand von sich gibt, oder liegt dem eine auf breiter fachlicher Basis getroffene Einschätzung zugrunde? Ist der Kandidat ein guter Zuhörer und geht entsprechend respektvoll mit seinen politischen Wettbewerbern um? Scheint er durchsetzungsstark zu sein? Eine nicht unwichtige Eigenschaft im politischen Betrieb? Letztlich münden solche Fragen in der entscheidenden: Möchte ich als Wähler von diesem Kandidaten im Bundestag repräsentiert werden?
Erftstadt: Junges Redaktionsteam hat Veranstaltung gründlich vorbereitet

Ein junges Redaktionsteam, bestehend aus Robert Rosemann, David Neugebauer, Yannik Pries und dem Moderator des Abends, Pavlos Papapostolou, alle zwischen Anfang und Mitte 20, hatte die Veranstaltung gründlich vorbereitet. Gewünscht war von ihnen ein lebendiges Gespräch zwischen den Direktkandidaten, weshalb sie sich im Vorfeld entschieden hatten, die Gruppe mit vier von ihnen kleinzuhalten.

Geladen wurden Detlef Seif (CDU), Andrea Kanonenberg (SPD), Christian Schubert (Bündnis 90/Die Grünen) und Markus Herbrand (FDP), deren Parteien im Wahlkreis Rhein-Erft-Kreis II bei der vergangenen Bundestagswahl die meisten Stimmen bekommen hatten.

Einzig Rüdiger Lucassen von der AfD wurde trotz Erfüllung dieses Kriteriums nicht eingeladen. Das Redaktionsteam befürchtete von ihm rassistische und antidemokratische Aussagen sowie sachlich falsche Behauptungen, die sich in einer Live-Diskussion über einen Faktencheck nicht direkt korrigieren ließen, wie Papapostolou begründete. Lucassen wurde aber genauso wie Stefan Söhngen von der Linken ein Video-Interview angeboten, das die Podiumsdiskussion auf der Internetseite ergänzen soll.
Schuldenbremse, Wirtschaft, grüne Transformation und Migration

Als wahlentscheidend hatte das Team vier Themen ausgemacht: Schuldenbremse, Wirtschaft, grüne Transformation und Migration. Jeder der vier Kandidaten hatte nur 30 Sekunden Zeit für ein Eingangsstatement und dann ging es direkt in die Diskussion der Themen, die Moderator Pavlos Papapostolou mit seinen Einstiegsfragen oft auf die Auswirkungen im Lokalen herunterbrach. Zum Beispiel, wo das Geld für ein neues Schwimmbad in Erftstadt herkommen könnte oder was die Chemieindustrie in Wesseling an politischer Unterstützung benötigt.

In der Diskussion zeigte sich, dass die vier Direktkandidaten in der Problembeschreibung oft gar nicht weit auseinanderliegen, aber in den Lösungsvorschlägen. Zum Beispiel in Bezug auf die Schuldenbremse: Man war sich einig darüber, dass umfassende Investitionen in die Infrastruktur notwendig sind, aber während Kanonenberg und Schubert für eine Reform der Schuldenbremse argumentierten, begründeten Seif und Herbrand, warum sie sie beibehalten wollen. Sie möchten die notwendigen Mittel durch eine andere Prioritätensetzung im Haushalt und politische Maßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft gewinnen.

Stichwort Migration. Einig war man sich darin, dass wir in Deutschland Zuwanderung durch fehlende Fachkräfte brauchen, auch, dass nicht bleiben kann, wer sich nicht an die hiesigen Regeln hält oder keinen Schutzstatus zugesprochen bekommt. Aber wie das zu erreichen ist, darüber gingen die Meinungen auseinander.

Detlef Seif zum Beispiel befürwortete Asylverfahren in Drittstaaten und Grenzkontrollen, was zu deutlichem Murren unter den etwa 40 Zuschauern führte. Markus Herbrand forderte von der nächsten Regierung, sich für eine Reform des Dublin-Abkommens einzusetzen. Andrea Kanonenberg mahnte, dass derjenige, der zu uns kommt, weil er Schutz braucht, diesen auch weiterhin bekommen müsse. Außerdem forderte sie mehr Unterstützung für die Integration und Aufarbeitung oft traumatischer Fluchterfahrungen.


Podiumsdiskussion im Studio 93

Kandidaten zur Bundestagswahl im Video

Von Volker Düster – Erftstadt Anzeiger vom 28.1.25

Erftstadt (vd). Die bevorstehende Bundestagswahl hat der Verein Szene 93 zum Anlass genommen, eine Podiumsdiskussion für den Wahlkreis 91, zudem die Bereiche Rhein-Erft-Kreis II mit Brühl, Erftstadt und Wesseling sowie der Kreis Euskirchen gehören, zu veranstalten.

Zu Gast waren SPD-Kandidatin Andrea Kanonenberg sowie die Kandidaten Detlef Seif (CDU), Christian Schubert (Bündnis 90/Die Grünen) und Markus Herbrand (FDP). Das Besondere an dieser Podiumsdiskussion war, dass sie im „Studio 93“ – ein ehrenamtliches Projekt, bei dem vor allem junge Menschen diverse Formate wie Musikauftritte und Talkshows filmen – aufgezeichnet wurde und als Live­stream zu erleben war. Wer diesen Termin und die interessante Diskussionsrunde verpasst hat, kann die Kandidatin und die Kandidaten sowie ihre politischen Positionen dennoch kennenlernen, denn: Szene 93 stellt die Aufzeichnung aus dem Studio 93 bereit, „damit sich möglichst viele Menschen über die Kandidatin und die Kandidaten vor der Wahl informieren können“, erklärt der Moderator der Diskussionsrunde, Pavlos Papapostolou. Er fühlte dem Quartett zu Themen wie Schuldenbremse, Wirtschaft, grüne Transformation oder Migration auf den Zahn. Im Anschluss konnte das Publikum Fragen stellen.


Veranstalter verzichten auf eine Einladung für die rechtsextreme Partei
Kandidaten der AfD fehlen auf Podien

Kölner Stadt-Anzeiger vom 11.1.2025 – Von Jörn Tüffers

Erftstadt/Pulheim – In fünf Wochen ist Bundestagswahl. Vertreter von sieben Parteien bewerben sich in den beiden Wahlkreisen des Kreises um ein Mandat in Berlin. Organisationen, Schulen und Verbände werden die Kandidatinnen und Kandidaten in den kommenden Wochen zu politischen Inhalten befragen. Manche Veranstaltungen sind intern, andere öffentlich – so wie die Diskussion zu der das Studio 93 von Szene 93 nach Erftstadt einlädt. Auf dem Podium sitzen Detlef Seif (CDU), Andrea Kanonenberg (SPD), Christian Schubert (Grüne) und Markus Herbrand (FDP).

Vertreter von Linken, Bündnis Deutschland und AfD, die ebenfalls Direktkandidaten stellen, fehlen. Moderator Pavlos Papapostolou begründet dies damit, dass die Linke bei der letzten Bundestagswahl 2,6 Prozent der Stimmen im Wahlkreis 92 erreicht habe. Die Absplitterung mit dem BSW deute zudem daraufhin, „dass die Partei kein relevanteres Ergebnis erzielen wird“. Die fehlende Einladung an die AfD sei darin begründet, dass deren „öffentlicher Auftritt auch in jüngster Vergangenheit durch menschen- und demokratiefeindliche Äußerungen geprägt war.“ Das Format ermögliche es nicht, Aussagen eines AfD-Kandidaten einzuordnen, „ohne eine Störung des angestrebten Diskurses zu verhindern“.

Auch die Oberstufe des Geschwister-Scholl-Gymnasiums und ihre Lehrer in Pulheim haben eine „Podiumsdiskussion mit den Kandidaten des Rhein-Erft-Kreis zur kommenden Bundestagswahl“ organisiert, wie es in einer Mitteilung einer Lehrerin heißt. Die Gymnasiasten belassen es bei einem beschränkten Kreis: Vertreten sind CDU, SPD, Grüne und FDP. Eine schriftliche Anfrage dieser Redaktion nach den Gründen, weshalb Kandidaten anderer Parteien nicht eingeladen worden sind oder aber möglicherweise aus Termingründen nicht auf dem Podium vertreten sind, blieb unbeantwortet.

Auf der Teilnehmerliste für eine Podiumsdiskussion der IHK Anfang Februar in Bergheim findet sich gleichwohl der Name des AfD-Kandidaten Jeremy Jason wieder. (jtü)

WOCHENKOMMENTAR
Der Umgang mit der AfD bleibt schwierig

Kann man eine Partei, die in den Umfragen stabil bei rund 20 Prozent der Stimmen liegt und möglicherweise als zweitstärkste Kraft aus der Bundestagswahl am 23. Februar hervorgeht, ignorieren? Sollte man sich nicht eher mit ihr auseinandersetzen, sie kritisch hinterfragen, sie mit ihren Positionen konfrontieren?

Vor Jahren hat die AfD das politische Parkett betreten, und immer noch ist der Kompass im richtigen Umgang mit der rechtsgerichteten Partei nicht justiert. Das zeigte sich wieder in dieser Woche, da die Redaktion angesichts des Wahltermins in fünf Wochen mehrere Einladungen zur Berichterstattung über Podiumsdiskussionen mit Bundestagskandidatinnen und -kandidaten erreichten.

Da will Szene 93 in Erftstadt – ein Forum für junge Kultur – beispielsweise Ende der übernächsten Woche mit Vertretern politischer Parteien ins Gespräch kommen. Auf dem Podium sitzen Kandidatinnen und Kandidaten von CDU, SPD, FDP und Grünen. Der Bewerber der AfD dagegen nicht, auch ein Vertreter der Linken fehlt.

Schon in der kommenden Woche macht das Geschwister-Scholl-Gymnasium Pulheim Politikunterricht der anderen, und zwar anschaulichen Art. Auch dort finden sich die Namen der Parteien, die die politische Landschaft bis zur Wiedervereinigung unter sich aufteilen durften – wenn auch noch mit anderen Anteilen als heute: CDU, SPD, FDP und Grüne.

Doch hat sich durch die Absplitterung eines Teils der SPD und die Gründung der WASG, die später in der Linkspartei aufging, und Jahre später die zunächst „nur“ europafeindlichen AfD das Spektrum erweitert. Und erst im Jahr 2024 ist durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine weitere Kraft hinzugekommen. In deren Fall kann man als Veranstalter einer Diskussionsrunde zur Bundestagswahl am ehesten argumentieren, dass nur Vertreter von Parteien auf der Einladungsliste stehen, die bereits in den Bundestag gewählt worden sind und dass man Grenzen ziehen muss – schließlich werden noch deutlich mehr Parteien auf dem Stimmzettel stehen als die Genannten.

Nun ist es ja so, dass es jedem freisteht, wen er wozu einlädt. Wobei der Ansatz ja schon ein anderer ist, als wenn man sich Gedanken über die Gästeliste für den runden Geburtstag oder die Kommunionsfeier seines Kindes macht. Denn da setzt man sich selbstredend ausschließlich mit solchen Menschen an einen Tisch, die einem nahestehen und deren Ansichten man – im günstigsten Fall – teilt.

Wer zu einer politischen Veranstaltung einlädt, muss aber ein anderes Ziel verfolgen: in sehr kurzer Zeit den Anwesenden ein Bild über die Positionen der relevanten Parteien zu vermitteln und deren Vertretern ein Forum zu bieten, ihre politischen Ziele vorzustellen – und natürlich diese kritisch zu hinterfragen oder auch in Konfrontation zu gehen. Was durchaus unangenehm sein kann.

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