Skip to main content

Presse: Podiumsdiskussion 2025 im Studio 93

Veranstalter verzichten auf eine Einladung für die rechtsextreme Partei
Kandidaten der AfD fehlen auf Podien

Kölner Stadt-Anzeiger vom 11.1.2025 – Von Jörn Tüffers

Erftstadt/Pulheim – In fünf Wochen ist Bundestagswahl. Vertreter von sieben Parteien bewerben sich in den beiden Wahlkreisen des Kreises um ein Mandat in Berlin. Organisationen, Schulen und Verbände werden die Kandidatinnen und Kandidaten in den kommenden Wochen zu politischen Inhalten befragen. Manche Veranstaltungen sind intern, andere öffentlich – so wie die Diskussion zu der das Studio 93 von Szene 93 nach Erftstadt einlädt. Auf dem Podium sitzen Detlef Seif (CDU), Andrea Kanonenberg (SPD), Christian Schubert (Grüne) und Markus Herbrand (FDP).

Vertreter von Linken, Bündnis Deutschland und AfD, die ebenfalls Direktkandidaten stellen, fehlen. Moderator Pavlos Papapostolou begründet dies damit, dass die Linke bei der letzten Bundestagswahl 2,6 Prozent der Stimmen im Wahlkreis 92 erreicht habe. Die Absplitterung mit dem BSW deute zudem daraufhin, „dass die Partei kein relevanteres Ergebnis erzielen wird“. Die fehlende Einladung an die AfD sei darin begründet, dass deren „öffentlicher Auftritt auch in jüngster Vergangenheit durch menschen- und demokratiefeindliche Äußerungen geprägt war.“ Das Format ermögliche es nicht, Aussagen eines AfD-Kandidaten einzuordnen, „ohne eine Störung des angestrebten Diskurses zu verhindern“.

Auch die Oberstufe des Geschwister-Scholl-Gymnasiums und ihre Lehrer in Pulheim haben eine „Podiumsdiskussion mit den Kandidaten des Rhein-Erft-Kreis zur kommenden Bundestagswahl“ organisiert, wie es in einer Mitteilung einer Lehrerin heißt. Die Gymnasiasten belassen es bei einem beschränkten Kreis: Vertreten sind CDU, SPD, Grüne und FDP. Eine schriftliche Anfrage dieser Redaktion nach den Gründen, weshalb Kandidaten anderer Parteien nicht eingeladen worden sind oder aber möglicherweise aus Termingründen nicht auf dem Podium vertreten sind, blieb unbeantwortet.

Auf der Teilnehmerliste für eine Podiumsdiskussion der IHK Anfang Februar in Bergheim findet sich gleichwohl der Name des AfD-Kandidaten Jeremy Jason wieder. (jtü)

WOCHENKOMMENTAR
Der Umgang mit der AfD bleibt schwierig

Kann man eine Partei, die in den Umfragen stabil bei rund 20 Prozent der Stimmen liegt und möglicherweise als zweitstärkste Kraft aus der Bundestagswahl am 23. Februar hervorgeht, ignorieren? Sollte man sich nicht eher mit ihr auseinandersetzen, sie kritisch hinterfragen, sie mit ihren Positionen konfrontieren?

Vor Jahren hat die AfD das politische Parkett betreten, und immer noch ist der Kompass im richtigen Umgang mit der rechtsgerichteten Partei nicht justiert. Das zeigte sich wieder in dieser Woche, da die Redaktion angesichts des Wahltermins in fünf Wochen mehrere Einladungen zur Berichterstattung über Podiumsdiskussionen mit Bundestagskandidatinnen und -kandidaten erreichten.

Da will Szene 93 in Erftstadt – ein Forum für junge Kultur – beispielsweise Ende der übernächsten Woche mit Vertretern politischer Parteien ins Gespräch kommen. Auf dem Podium sitzen Kandidatinnen und Kandidaten von CDU, SPD, FDP und Grünen. Der Bewerber der AfD dagegen nicht, auch ein Vertreter der Linken fehlt.

Schon in der kommenden Woche macht das Geschwister-Scholl-Gymnasium Pulheim Politikunterricht der anderen, und zwar anschaulichen Art. Auch dort finden sich die Namen der Parteien, die die politische Landschaft bis zur Wiedervereinigung unter sich aufteilen durften – wenn auch noch mit anderen Anteilen als heute: CDU, SPD, FDP und Grüne.

Doch hat sich durch die Absplitterung eines Teils der SPD und die Gründung der WASG, die später in der Linkspartei aufging, und Jahre später die zunächst „nur“ europafeindlichen AfD das Spektrum erweitert. Und erst im Jahr 2024 ist durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine weitere Kraft hinzugekommen. In deren Fall kann man als Veranstalter einer Diskussionsrunde zur Bundestagswahl am ehesten argumentieren, dass nur Vertreter von Parteien auf der Einladungsliste stehen, die bereits in den Bundestag gewählt worden sind und dass man Grenzen ziehen muss – schließlich werden noch deutlich mehr Parteien auf dem Stimmzettel stehen als die Genannten.

Nun ist es ja so, dass es jedem freisteht, wen er wozu einlädt. Wobei der Ansatz ja schon ein anderer ist, als wenn man sich Gedanken über die Gästeliste für den runden Geburtstag oder die Kommunionsfeier seines Kindes macht. Denn da setzt man sich selbstredend ausschließlich mit solchen Menschen an einen Tisch, die einem nahestehen und deren Ansichten man – im günstigsten Fall – teilt.

Wer zu einer politischen Veranstaltung einlädt, muss aber ein anderes Ziel verfolgen: in sehr kurzer Zeit den Anwesenden ein Bild über die Positionen der relevanten Parteien zu vermitteln und deren Vertretern ein Forum zu bieten, ihre politischen Ziele vorzustellen – und natürlich diese kritisch zu hinterfragen oder auch in Konfrontation zu gehen. Was durchaus unangenehm sein kann.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner